Diese Klamm ist anders. In ihr fließt kein Wasser in kleinen Kaskaden den Berg hinab. In ihr tummeln sich nicht hunderte von Touristen, sondern es herrscht Einsamkeit. Schöne, be(un)ruhigende und erfrischende Einsamkeit.
Wir folgen einem kleinen Feldweg bis zu einem Parkplatz. Wir sind die Ersten, die hier ihr Auto abstellen. Nala ist schnell versorgt und auch wir schnüren uns die Rucksäcke auf den Rücken. Wir sind schon gespannt die wunderschöne Natur Sloweniens hier zu entdecken.
Der kleine Pfad geht langsam bergauf. Noch ist nicht zu sehen von der Schlucht. Wir stiefeln durch einen lichten Laubwald und gehen auf Entdeckertour. Hier wachsen etliche Pilze, die wir nicht zuordnen können und Insekten schwirren durch die Luft.
Zu unserer Rechten taucht eine Felswand auf. Wir folgen der Wand bis wir in eine Höhle abbiegen können. In ihr hat sich meterhoch das Laub gesammelt. Jahr für Jahr fallen hier die Blätter durch die Löcher in der Decke auf den Boden und bilden für Nala ein Buddel und Spielparadies.
Doch die Höhle ist nur ein kleiner Abstecher. Vorsichtig setzen wir einen Fuß vor den Anderen, denn der Weg ist steil bis wir weiter in die Galerie abbiegen. Die Galerie ist wie ein kleiner Kessel zwischen den Felswänden. Hier steht eine Bank, ein paar Hinweistafel und Holzwege gehen an den Felsen entlang. In ungefähr 5 Metern höhe scheint der Weg im Nichts zu verschwinden. Von hier sieht es aus als würde der Weg einfach aufhören.
Doch, als wir die Stufen hinaufgegangen sind, dem Holzsteg folgten, dann konnten wir sehen, dass der Weg in einer engen Felsspalte endet. Stufe für Stufe geht der Weg hinauf. Die Wände kommen immer näher bis der Spalt nur noch einen Meter breit ist. Ich habe meinen Rucksack abgezogen, damit ich nicht stecken bleibe.
Doch so schnell wie der Weg sich verengt hat, so schnell verlassen wir die Spalte wieder und stehen in einem wunderschönen, grünen Wald. Auf dickem Waldboden wandern wir weiter. Jeder Schritt fühlt sich weich, ja geradezu geborgen an. Die Luft ist frisch und würzig. Waldluft eben.
Aber es dauert nicht lange, da verengt sich der Weg wieder. Kurz bevor sich der Weg wieder in einen winzigen Pfad durch die Felsen verwandelt drückt Nala ihre Nase auf den Boden. Sie steht in einem blattgedrückten Loch in mitten einer grünen Grasfläche. Hier hat heute Nacht etwas geschlafen. Es muss sehr groß gewesen sein. Nala zieht ihre Kreise um das Feld. Sie sucht den Ausgang der Duftspur. Wenn Tiere lange Zeit an einem Ort verharren, dann entsteht um sie herum ein Duftpool. Diesen Pool checkt Nala ab. Es muss ja einen Ausgang geben. Irgendwo muss das Tier den Pool verlassen haben.
Meine Blicke wandern auf den Boden, doch der trockene Waldboden gibt keine Spuren preis. Ich lege meine Hand in die Kuhle, aber der Boden ist nicht mehr warm. Ich gehe davon aus, dass das Tier schon seit den frühen Morgenstunden nicht mehr da ist.
Bei unseren Touren durch Nordamerika und Afrika haben wir von den Rangern und Trackern gelernt unsere Umgebung nach Spuren abzusuchen. Ein paar Meter weiter finde ich einen Baum. In beachtlicher Höhe sind Kratzspuren in der Rinde, ähnlich deren, die uns Bärenforscher in Schweden einmal gezeigt hatten. Daher tippe ich auf einen Bären. Slowenien hat die höchste Braunbärendichte in Mitteleuropa. Wir rufen Nala zu uns, die mittlerweile den Ausgang aus dem Pool anzeigt. Sie scheint mit ihrer Arbeit zufrieden zu sein.
Auf den nächsten hundert Meter wird uns klar, dass dies ein perfekter Wildwechsel ist. Der schmale Pfad zwischen den hohen Felswänden ist die einzige Möglichkeit für alle Tiere hier kräftesparend durchzukommen.
Nach ca.4,5 km verlassen wir die Schlucht und folgen einem Forstweg. Von hieraus geht es wieder zurück, allerdings nicht durch die Schlucht, sondern außen herum durch eine wunderschöne Alpenlandschaft wie aus einem Heidi-Film.
Wir durchqueren ein kleines Gebiet mit Ferienhäusern und machen es uns auf einer Wiese gemütlich. Jetzt gibt es erstmal Brotzeit. Die Landschaft wirkt schon etwas kitschig.
Wir folgen dem Weg weiter bergab und treffen das erste Mal auf zwei weitere Wanderer kurz bevor wir am Auto sind. Nachdem wir heute Morgen die einzigen auf dem Parkplatz waren, sind nun ein paar Autos mehr zu sehen. Alle haben slowenische Nummernschilder. Es ist Sonntag. Die Einheimischen scheinen die Tour genauso zu genießen wie wir auch. Ein echter Geheimtipp.